Die neuen Regelungen geben den Kirchgemeinden grössere Spielräume bei der Gestaltung und Anzahl der Gottesdienste und des Gemeindelebens, um besser an den spirituellen Bedürfnissen und der Art der heutigen Lebensgestaltung anzuknüpfen. Durch Zusammenlegung von Gottesdiensten und vertragliche Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden können sie die personellen und finanziellen Ressourcen gezielter einsetzten und damit den Bedürfnissen der eigenen Mitglieder anpassen. Die Teilrevision der Kirchenordnung erweitert die Kompetenzen der Kirchenpflege und regelt, ab welchem Punkt die Kirchgemeindeversammlung zuständig ist.
Mit der Teilrevision der Kirchenordnung schlägt der Kirchenrat folgende Änderungen vor: Die Kirchenpflege kann beschliessen, dass der Gemeindegottesdienst statt am Sonntag maximal zwölf Mal pro Jahr an einem Werktag statt an einem Sonntag stattfinden kann. Die Kirchenpflege kann den Gemeindegottesdienst am Sonntag höchstens zwei Mal pro Jahr ganz ausfallen lassen und sechs Mal pro Jahr mit einer anderen reformierten Kirchgemeinde zusammenlegen. Über diese Grenzwerte hinausgehende Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden muss von der Kirchgemeindeversammlung beschlossen und in einem Zusammenarbeitsvertrag festgehalten werden.
Laienpredigerinnen bzw. -prediger dürfen höchstens zehn Gottesdienste pro Jahr leiten und Gruppen ohne theologische Leitung höchstens drei pro Jahr. Weitere Gottesdienste wie Jugend- oder Kindergottesdienste, Taizéfeiern, Lobpreisabende, Weltgebetstag etc. können, mit der Zustimmung des Pfarramts, von geeigneten Personen ohne theologische Ausbildung geleitet werden. Die Pflichttage des Abendmahls im Gemeindegottesdienst werden durch eine Pflichtanzahl ersetzt.
Die Taufe muss nicht mehr in einem Gemeindegottesdienst, sondern kann auch in einem Kasualgottesdienst mit Angehörigen und Freunden an einem beliebigen Wochentag vollzogen werden. Die Pflicht, dass die Taufpaten einer christlichen Konfession angehören müssen, soll entfallen.
Die Landeskirche hat am 17. Mai 2018 zu einer ersten Tagung unter dem Titel «Sonntag = Gottesdienst?» eingeladen. In den Diskussionen und der Ergebnissicherung wurde klar, dass der Wille für eine visionäre Neugestaltung der Kirchgemeinde und ihrer Aufgaben nicht gegeben ist, sondern dass moderate und pragmatische Anpassungen angezeigt sind. Insbesondere wurde klar, dass die Verkündigung an das Pfarramt gebunden und der Gottesdienst das Herz des Gemeindelebens bleiben sollen.
Daraufhin hat eine Arbeitsgruppe Eckwerte formuliert, die an der Tagung «Zukunft des Gottesdiensts» am 19. Oktober 2019 vorgestellt und kommentiert wurden. Die Ergebnisse der Tagung flossen in die anschliessende, breit angelegte Vernehmlassung ein, an der sich 253 Personen beteiligten und die eine grossmehrheitliche Zustimmung zu den neuen Bestimmungen für den Gottesdienst ergab.